Evelyn Bäck hält nichts von ausgetretenen Pfaden, sie wagt sich lieber auf neue Wege. Das lässt sich einerseits auf ihren beruflichen Werdegang als Journalistin umlegen, andererseits auf ihren sensiblen Geschmack, was hopfige Gaumenfreuden betrifft. Denn aus ihrem Mund wird man im Gasthaus wohl nie den saloppen Satz hören: „Ich hätte gern ein Bier.“ Die Bestellung muss schon wesentlich konkreter ausfallen. „Ich wollte nie einfach nur ein Bier trinken, sondern das Besondere im Hopfengetränk herausschmecken.“ Nachdem Österreich zwar ein Land der Brauereien ist, es jedoch an der Kreativität Anfang der 2000er Jahre noch etwas Nachholbedarf herrschte, griff Evelyn schließlich selbst zum 30 Liter Kochtopf und begann in der Garage flugs ihr eigenes Bier zu brauen.
"Ich wollte nie einfach nur ein Bier trinken, sondern das Besondere in dem Hopfengetränk herausschmecken."
"Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Natürlich gibt es Rückschläge, wichtig ist nur, dass du am Ende wieder aufstehst."
Die Spinnerin mit der Hopfenspinnerei
Aus dem anfänglichen Jux wurde bald eine richtige Leidenschaft, die sie ihren Job als Journalistin und Marketingexpertin an den Nagel hängen und beruflich vollends ins Braugeschäft einsteigen ließ. An den entscheidenden Moment kann sie sich noch gut erinnern: „Ich saß abends im Garten bei meinem Feierabendbier, studierte gedankenverloren das Etikett und stolperte über die berühmten drei Zutaten für das Getränk. Da kam mir die Idee, dass ich das doch selbst mal ausprobieren könnte.“ Gesagt, getan. Am nächsten Tag war ihr Auto bereits beladen mit dem notwendigen Brau-Equipment und anstatt große Urlaubsreisen zu planen, investierte Evelyn ihre Freizeit lieber in die Ausbildung zur Biersommelière. Auf privaten Veranstaltungen war sie ein gern gesehener Gast, hatte sie doch immer das richtige Geschenk in flüssiger Form parat. Denn ihr Bier schmeckte Freunden und Familie von Anfang an:„ Ich bin eine neugierige Biertrinkerin. Als ich 2010 damit angefangen habe, gab es im Supermarkt noch nicht so eine große Auswahl, wie beispielsweise in Belgien. Bei uns in Österreich wird hauptsächlich Märzen getrunken, ich hingegen wollte mit Zutaten experimentieren.“ Aus dieser Spinnerei entwickelte sich 2017 die ausgewachsene Geschäftsidee zur Hopfenspinnerei. Der Start der Brauerei erfolgte in der Nähe von St. Pölten, wo Evelyn mit ihrem Partner in Crime, ihrem französischen Lebensgefährten Gwaël Gauthier, eine Brauerei anmietete. Bereits ein Jahr darauf konnte sie den Staatsmeistertitel für die Biersorte Georg Ludwig, ein Lavendel-Limetten-Ale einheimsen.
Corona und der Neustart
Der Erfolg gab ihrem Konzept recht, doch schon bald darauf zog der erste Lockdown durch das Land, welcher sie dazu zwang, ihren erst kürzlich eröffneten Verkaufsraum wieder zu schließen und sich neu zu orientieren. „Es wusste ja keiner, wie lange die Pandemie dauern würde. Und allein mit Warten und ausgefüllten Förderanträgen wollte ich mich nicht durchschlagen.“ Der Wunsch nach einem eigenen Gelände zum Wohnen und Bierbrauen war indes immer schon in ihren Gedanken. Und Corona ist es wohl zu „verdanken“, dass sich Evelyn und Gwaël recht früh um eine neue Immobilie umsahen. In Waidhofen an der Thaya im Waldviertel wurden die beiden schließlich fündig. „Wir haben eine alte Mühle erworben, die wir zur Brauerei ausgebaut haben – und auch als Schaumühle nutzen. Die Waldviertler haben sehr uns herzlich aufgenommen und wir sind hier im wahrsten Sinn des Wortes angekommen. Seit 2021 ist die Hopfenspinnerei zudem bio-zertifiziert, was Großteils den besonderen Produkten der Region und der Menschen, die diese hier anbauen, geschuldet ist.“
Feine Auswahl mit Geschmack
Das Sortiment ist fein durchdacht mit drei sehr beliebten Hauptsorten sowie saisonal wechselnden Limited Editions: „Das Ur-Roggen Urgut ist ein rustikales Waldviertler Erntebier mit Waldstaudekorn, einer Urroggensorte, die nur wenige Kilometer von unserer Brauerei entfernt angebaut wird. Dann haben wir das Waidhofner Schlederwamperl, ein freundliches Blond, das eigentlich überall dazu passt. Und zu guter Letzt das Ziegengeist, ein Altbier mit typisch bernsteinfarbenem Ton und leichter Röstaromatik. Unsere Biere sind vollkommen naturbelassen, also unfiltriert, nicht pasteurisiert und enthalten nur natürliche Gärkohlensäure.“ Verkauft werden diese ab Hof, über den Online-Shop sowie auf den umliegenden Wochenmärkten. Angst vorm Scheitern hatte Evelyn Bäck eigentlich nie. „Zu Tode gefürchtet ist auch gestorben. Natürlich gibt es Rückschläge, wichtig ist nur, dass du am Ende wieder aufstehst, den Kessel anwirfst und weiterbraust.“ Man darf gespannt sein, auf viele neue Geschmäcker und Ideen aus der Hopfenspinnerei.
„Die Waldviertler haben uns herzlich aufgenommen, wir sind hier echt angekommen.“
Hopfenspinnerei 2017 gründete Evelyn Bäck ihre Hopfenspinnerei. 2020 zog es sie mit ihrem Partner Gwaël Gauthier nach Waidhofen an der Thaya, wo sie ihre eigene Brauerei aufbauten. Seit 2021 ist die Hopfenspinnerei bio-zertifiziert, neben drei Hauptsorten gibt es wechselnde Limited Editions.